Adieu Apple
 
Was ist der Unterschied zwischen einem Apple LCII, Baujahr 1992, und einem iMac G5, Baujahr 2005? Ersterer arbeitet heute noch einwandfrei als Faxserver - zu viel mehr reicht seine Kapazität nicht (4MB RAM, 40 MB Festplatte). Letzterer wurde schon nach wenigen Jahren beim Brennen von CDs unzuverlässig und sein Bildschirm, genauer die Grafikkarte gab 2011 auf. Ältere Rechner dagegen, z.B. ein G3 Beige (1997?) oder ein iBook G3 von 2001, dem ich 2010 eine größere Festplatte und mehr RAM spendierte, arbeiten noch einwandfrei, wobei die alte Festplatte des iBook nach 9 Jahren irgend einen Fehler hatte, der aber dank Backup kein wirkliches Problem darstellte. Natürlich musste ich mittlerweile den ersten Akku ersetzen.
Probleme bereiteten der Mangel an Ersatzteilen nach wenigen Jahren, Apples Wechsel bei Steckverbindungen, Chips, Betriebssystemen und Software. Mal musste ich meine Buchhaltung umstellen, weil eine Funktion in der Tabellenkalkulation entfernt wurde, mal wären die alten Geräte (Scanner, Kartenleser) beinahe wertlos geworden, wenn nicht der G3 sie brav weiter nutzen würde. Beim diesjährigen Wechsel auf einen neuen iMac wurden eine externe Festplatte und ein externer Brenner mit Firewire 400 Anschlüssen nicht mehr nutzbar (außer am zehn Jahre alten iBook, oder mit Hilfe eines Zwischensteckers). Am USB-Hub funktioniert gar nichts mehr. Und bisher fand ich bereits 46 Programme, die nicht mehr funktionieren, weil Apple die Systemarchitektur änderte. Das bedeutet, dass ich durch den Kauf eines neuen Rechners teilweise enteignet werde!
Darunter ist auch mein seit 1992 benutztes Officeprogramm. Etwa 22000 Dokumente kann ich nur noch auf älteren Rechnern öffnen, oder muss sie auf dem neuen Rechner konvertieren. Dabei fehlen Schriften, die Apple früher angeboten hat, so dass teilweise das Layout von Vorlagen nicht mehr stimmt, ich also die Vorlagen überarbeiten oder neu erstellen muss. Dass keine Konvertierung verlustfrei und fehlerfrei abläuft, dürfte bekannt sein.
Selbstverständlich wurden auch die mit gelieferten Programme modernisiert, was bedeutet ich muss ihre Benutzung – die jetzt eben etwas anders abläuft – erst einmal erlernen. Dabei fehlt dann mal eine Fähigkeit, die ich für sehr nützlich halte und ich kann sehen, wie ich damit klar komme. Das Programm zur Verwaltung und Bearbeitung von Bildern iPhoto bot z.B. die Möglichkeit das Foto zu drehen, so dass z.B. bei Bildern von Architektur die Senkrechte auch wirklich senkrecht verläuft, selbst, wenn man die Kamera mangels Stativ etwas schräg gehalten hatte. Gibt es nicht nun mehr unter den Einstellungen für Kenner, sondern bei den einfachen Einstellungen, so dass man als Kenner bei jedem entsprechenden Bild hin- und her-schalten muss. Aber mein Photoshop-Programm funktioniert auch nicht mehr und der Grafikkonverter ebenfalls nicht mehr. Ich muss also auf eine Funktion verzichten, oder neue Programme kaufen.
Will ich aus iPhoto ein Bild per Mail versenden, dann verweigert dies das Programm solange ich nicht online gehe. Wozu ich online sein soll, wenn ich eine Mail schreibe, verstehe ich nicht. Es genügt online zu gehen, wenn man sie versenden will. Ich gehe grundsätzlich nur online, wenn ich dort etwas erledigen will. Das spart Energie und schützt vor Angriffen von Außen, weil ein Angreifer nicht beliebig lang Zeit hat zu probieren, ob er Firewall und Passwörter knacken kann. Obendrein verhindere ich so, dass mich bei konzentriertem Arbeiten irgend welche Mails unterbrechen. Und meine Mails versende ich erst, wenn ich mit ihrem Inhalt und ihrer Form zufrieden bin. Bei der früheren Version von iPhoto war das Erstellen von Mails mit Bildern offline möglich.
Das Mailprogramm hat jetzt links eine zweite Seitenleiste. Die erste enthält, wenn man sie einschaltet die Postfächer und die zweite mehrzeilig Absender, Uhrzeit, Betreff etc. (das war früher in einer Zeile oberhalb der Mail angeordnet). Konnte man früher den Bereich größer oder kleiner machen, in dem die Mails aufgelistet waren, etwa zum Suchen einer bestimmten Mail in einem Postfach, so ist der Platz jetzt weit beschränkter. Da Geschäftsleute den E-Mail-Verkehr zehn Jahre aufheben müssen (wie andere Geschäftsunterlagen auch), kommen da zig Tausend Mails zusammen, die - selbst wenn man sie auf verschiedene Postfächer und Ablagefächer verteilt - leicht unübersichtlich werden. Und wer weiß nach zehn Jahren noch die genaue Betreffzeile für die Suchfunktion?
Dass viele Rechner nur mit einer glänzenden Bildschirm-Oberfläche angeboten werden (siehe Foto oben), obwohl das m.E. Nach den Vorschriften zur Sicherheit und Ergonomie in Deutschland am Arbeitsplatz gar nicht zulässig ist, weil man sich ständig selbst im Bildschirm gespiegelt sieht und die Augen und das Hirn viel unnötige Arbeit leisten müssen, um das Gewünschte vom Unerwünschten zu unterscheiden, interessiert offenbar die Anbieter wenig. Man könne sich ja eine matte Folie drauf machen, heißt es, die man selbstverständlich zu fürstlichem Preis selbst erwerben und installieren muss. Was würde ein Autohersteller zu hören bekommen, der auf die Sonnenblende verzichtet, oder auf Scheibenwischer?
Auch das Musikprogramm iTunes meckert beim Programmstart, dass es nicht auf das Internet zugreifen könne. Habe ich ja auch gar nicht verlangt oder erlaubt. Dafür kann es manche alten Filme nicht abspielen, weil es im 64bit-Modus arbeitet. Man soll es ausschalten, auf 32 bit umstellen und dann noch mal von Neuem starten. Wo ist denn da der Nutzen für den Benutzer? An den scheint sowieso niemand beim Hersteller zu denken. Wenn ich alle 46 Programm neu kaufe und installiere bin ich viel Geld und noch mehr Zeit los.
Der Wechsel von einem zum anderen Rechner wird zwar durch einen Migrationsassistenten erleichtert. Aber wenn man den neuen Rechner in ein Netzwerk einfügt, erkennt er viele ältere Rechner gar nicht und das auch erst, wenn man die „Arbeitsumgebung“ von "Automatisch" auf „File-Sharing“ ändert, was jemand, der sich bei Macs nicht auskennt, zu Verzweiflung treiben könnte. In der Anleitung steht, dass man unter Umständen auf dem alten Rechner erst noch ein neueres Betriebssystem installieren müsse. Möchte mal sehn, wie jemand das macht, wenn der Bildschirm nur noch Spaghetti zeigt, wie bei meinem alten iMac! Und warum soll ich für einen alten Rechner, der nur noch zum Recycling taugt, noch mal ein neues Betriebssystem kaufen?
Zum Glück hatte ich ein Backup auf einer Festplatte, die sowohl USB, als auch Firewire 400 und 800 benutzen kann. Aber nun wurde die komplette Partition kopiert inklusive all der Programme, die nicht mehr funktionieren. Ich habe also einen neuen Rechner mit neuem Betriebssystem und jeder Menge funktionsuntüchtigem Programmmüll!
Obwohl das Druckerprogramm beidseitigen Druck anbietet, funktioniert der ebenfalls nicht mehr. Erst nachdem ich in den Tiefen des Menus die entsprechenden Einstellungen korrigiert habe, funktioniert das wieder. Wer sich nicht so gut auskennt (und wer kennt schon jedes Programm auf seinem Rechner wirklich gut?) muss entweder den Druckauftrag per Hand eingeben, so dass erst die eine und dann die andere Seite bedruckt wird, oder unnötigen Papierverbrauch in Kauf nehmen.
Nach jedem Neustart bin ich gespannt, ob ich die geöffneten Ordner wieder geöffnet vorfinden werde, oder nicht. Wieso mal das eine und mal das andere geschieht, habe ich noch nicht erkennen können. Dieses Problem kenne ich von früheren Macs nicht.
Würde Apple heute noch die Qualität liefern, die es vor zwanzig Jahren lieferte, dann hätte ich überhaupt keinen neuen Rechner gebraucht und mir zig unproduktive Stunden, ja mehrere vergeudete Arbeitstage gespart. Mein Netzwerk wäre weiterhin voll funktionstüchtig, es gäbe weniger Elektronikschrott und mein Konto wiese einen erheblich höheren Stand aus, da ich sowohl das Geld für den Mac gespart, als auch die Zeit produktiv genutzt hätte, die ich jetzt für Einrichten, Ausmisten, Erlernen neuer Funktionen und Programme, sowie für die Wiederbeschaffung wertlos gewordener Programme aufwenden muss.
Wenn man je Rechner nur eine Stunde Pflege-, Update- und Lernaufwand je Monat annimmt, dann sind das im Jahr 12 Stunden. Bei Kosten von etwa 50 € je Arbeitsplatz und Stunde sind das allein 600 € je Rechner im Jahr. Hinzu kommen Kosten für Verbrauchsmaterialien, Programme, Schulungen, oder Selbstlernen, für Peripheriegeräte und Energie. So kommt man leicht auf über 1000 Euro im Jahr, plus Anschaffungskosten! Bei einigen Millionen Rechnern sind das gigantische Summen, denen in dem meisten Fällen ein bescheidener Gewinn gegenüber steht. Die IT-Branche hat ihre Kunden geschickt erzogen. Sie wehren sich fast gar nicht gegen die Ausbeutung und Veräppelung durch die Firmen, weil sie längst den Überblick über Kosten und Nutzen verloren haben.
Wer jedoch wirtschaftlich zu rechnen versteht, hat längst bemerkt, dass mit zunehmender Komplexität die Rechner zwar immer mehr können, aber auch immer weniger zu beherrschen sind. Hinzu kommt, dass der Einzelne meist nur Bruchteile der Möglichkeiten nutzt, der große Rest aber brach liegt. Das Geld dafür ist also vergeudet.
Als ich Ähnliches vor vielen Jahren beim Auto feststellte, schaffte ich das eigene Auto ab. Da der Rechner sehr viel mehr kann, als ein Auto, wird das nicht einfach, zumal ich Audiodateien und Bilder bearbeite, ins Internet gehe und Texte schreibe. Für Letzteres könnte ich Stift und Papier, oder die tropensichere Reiseschreibmaschine meines Vaters benutzen, die nach über 80 Jahren heute noch funktioniert. Ins Internet könnte ich in Bibliotheken oder Internet-Caf'és. Bei Bildern und Klängen wird das etwas komplizierter, aber früher ging es ja auch ohne Rechner. Das Online-Banking habe ich bereits aufgegeben und verwende wieder Papierüberweisungen. Da brauche ich weder TAN noch PIN, geschweige denn TAN-Generator oder Mobiltelefon samt SMS.
Mal sehn, was sich machen lässt. Aber für das bisschen, für das ich dann noch einen Rechner brauche, tut es vermutlich ein billiges Netbook, statt einem vergleichsweise teuren Mac. Und wenn in der Broschüre zum neuen Rechner steht: „Glückwunsch. Du und dein Mac seid für einander gemacht.“ dann hätte der Autor bei meinem Großvater (Professor für Maschinenbau) sofort eine Note Abzug bekommen, denn eine Maschine mit einem Menschen auf die gleiche Stufe zu stellen, ist ein Zeichen profunder Unkenntnis (sowohl von Maschinen, als auch von Menschen). Auch weiß ich nicht, seit wann wir per Du sind. Ich als der Ältere habe es nicht angeboten. Aber wahrscheinlich kopiert Apple auch hier IKEA, eine Marke die mittlerweile zum Synonym für weltweite Ausbeutung und miese Qualität geworden ist.
Wenn ich auf fast 20 Jahre Nutzung von Apple-Geräten zurück schaue, dann sehe ich, dass die Qualität um so mehr sank, je jünger die Geräte waren. Demnach wird der neue Rechner wohl nach 3-5 Jahren seinen Geist aufgeben. Und dann heißt es für mich – soweit die älteren Geräte nicht noch funktionieren – Adieu Apple!
 
Das Bild oben zeigt, wie sehr man sich im Bildschirm spiegelt, also die Augen und das Hirn mehr Arbeit haben. Das Bild im Text zeigt den alten Rechner mit der defekten Grafikkarte.
 
Carl-Josef Kutzbach
Sonntag, 4. Dezember 2011