Gelobt sei die Krise!
Renaissance erwünscht
 
Überall scheinen alte Gewissheiten und Sicherheiten zu zerbröseln. Auf nichts und niemand mehr scheint Verlass. Wer Geld hat versucht es in Sachwerten sicher anzulegen. Die Politik erscheint mehr oder minder ratlos. Das kann einem Angst machen.
Aber eigentlich ist es, wie bei einem Gewitter: Man hat es herauf ziehen sehen, hatte Angst, ob es wohl hier toben wird, und ist dann doch von dieser Spannung erlöst, wenn nach einigen Windstößen die ersten dicken Tropfen fallen und das Gewitter sich endlich entlädt.
Genaus so könnte es jetzt kommen. Die Verwirrung wächst von Tag zu Tag, das Vertrauen schwindet im gleichen Maße oder schneller, und man fragt sich besorgt, wohin soll das führen?
Es steht zu befürchten, dass wir um Unruhen nicht herum kommen werden, aber eigentlich besteht Grund zur Hoffnung, denn der lähmende alte Plunder, die Träume, Mogeleien, Lügengespinste und Übertölpelungen wohl nicht mehr lange fortdauern werden, bis es kracht.
Eine Krise (das Wort stammt von den alten Griechen und heißt so viel wie Unterschied machen, Entscheiden, Entscheidung) ist zwar ein Moment der Unsicherheit, aber danach geht es dann in die eine oder andere Richtung weiter. Wenn Mediziner von einem kritischen Zustand sprechen, dann meinen sie, dass sich nun entscheidet, ob der Patient überlebt, oder stirbt.
Wir erleben jetzt die Krise, die Viele schon lange haben heraufziehen sehen, der sie aber hilflos gegenüber standen, weil sie nicht wussten, wie es weiter gehen soll.
Schaut man sich die Lage an, dann gibt es zwei Hauptmerkmale:
  1. 1.Das Vertrauen als Grundlage allen Zusammenlebens ist weitgehend ruiniert.
  2. 2.Es herrscht große Verwirrung über Werte und Normen.
Die Fundamente für gelingendes Zusammenleben, für Wirtschaft und Handel, für Geld und Politik sind ruiniert.
Da es kaum vorstellbar ist, dass in so einer Krise jemand mit ganz hervorragenden neuen Ideen kommt und Alle überzeugen kann ihm zu folgen, wird man wohl auf das zurückgreifen müssen, was sich früher bewährt hat. Es geht also um eine Renaissance (Wiedergeburt) einer menschlichen Gesellschaft, in der für alle Platz ist und jeder einen Platz finden kann.
Dieser neue Aufbruch könnte ein wenig wie das deutsche Wirtschaftswunder nach dem zweiten Weltkrieg ablaufen, als man froh war davon gekommen zu sein und den gemeinsamen Wunsch hatte etwas aufzubauen, das besser war, als das Vergangene. Es könnte eine Aufbruchsstimmung entstehen, in der man zwar verhältnismäßig arm, aber glücklich mit seinen Mitmenschen gemeinsam die Ärmel aufkrempelt und sich sehr ernsthaft bemüht es besser zu machen.
Man wird zunächst mal fragen müssen, wie haben die das früher gemacht. Angefangen vom Lebensmittel ernten über zubereiten bis zur Lagerung, von den Regeln des Zusammenlebens über das Herausfinden, was man tun kann und was besser nicht, bis hin zu einer Art Runderneuerung der Demokratie, bei der man Vorkehrungen treffen muss, dass sich der Staat lange vor solchen Krisen selbst fragt, ob die Richtung stimmt, ob die Institutionen noch funktionieren und die Ziele noch taugen. Wie bei einem Laden, wird man regelmäßig eine Art Inventur machen müssen, um Krisen nicht unbemerkt zu groß werden zu lassen.
Es kann sein, dass manche Hochtechnologie, manches kühne Forschungsprojekt gestoppt werden muss, weil Aufwand und Nutzen nicht mehr stimmen. Aber das Ziel „Höher, schneller, weiter!“ ist nun rund 2000 Jahre alt und wirkt kaum noch segensreich.
Neue Ziele könnten sein:
  1. Jeder Mensch soll satt und gesund sein, körperlich und seelisch.
  2. Jeder Mensch soll seinen Fähigkeiten zum Wohle aller einbringen können.
  3. Jeder Mensch ist wegen seiner Einzigartigkeit wichtig.
Das würde für einen großen Teil der Weltbevölkerung einen erheblichen Fortschritt bedeuten. Und es würde verhindern, dass man die Welt im Interesse einiger Weniger ruiniert. Dabei ist das ein sehr ambitioniertes Ziel, das die Zusammenarbeit aller verlangt. Aber es wären Ziele für die es sich anzustrengen lohnen würde.
Kann man sich jetzt noch darauf vorbereiten? Vermutlich schon. Ein paar Vorschläge:
  1. Zubereiten von Lebensmitteln üben (aus Rohwaren). Bei Neuanschaffungen auf entsprechendes gutes Gerät achten.
  2. Handwerkliche Fähigkeiten üben, vom Nähen bis zum Hausbau und auch hier gutes Werkzeug beschaffen.
  3. Gartenanlage und Pflege üben, so dass man neben Zier- auch Nutzpflanzen ziehen kann.
  4. Gut zu seinem Körper sein indem man ihn gut, aber maßvoll ernährt, ausreichend pflegt und seine Fähigkeiten übt, vom richtig Bücken bis hin zu Tanz und Sport.
  5. Kinder an all diese Fähigkeiten, die man im Alltag zum Überleben braucht, heran führen und ihnen die Freude am erfolgreichen Tun nahe bringen, so dass sie lernen auch dann mal durchzuhalten, wenn es mühsam wird, weil sie sich ein Gelingen ihres Vorhabens, ihrer Arbeit, ihres Versuches zutrauen und darauf freuen.
  6. Viel Zeit gemeinsam mit Anderen verbringen, um durch Achtsamkeit die Fähigkeiten zum Miteinander wieder zu üben. Dann dürften auch gelegentlich notwendige Einsamkeiten nicht schrecken, sondern eine willkommene Abwechslung bieten.
  7. Musikinstrumente erlernen und mit anderen musizieren. Da lernt man seine Gefühle auszudrücken und obendrein gemeinsam zusammen zu arbeiten, oder zu singen.
  8. Darauf achten, dass die Freude im Alltag, bei der Arbeit, beim Miteinander, aber auch beim Handeln oder Wettkämpfen nie verloren geht. Wenn das Miteinander keine Freude mehr macht, ist das ein Warnzeichen, dass etwas falsch laufen könnte.
  9. Da nicht jeder mit jedem kann, das akzeptieren und behutsam mit jenen umgehen, mit denen man nicht so gut kann. Ich selbst bin sicherlich für manche Anderen auch nicht der ideale Partner.
Diese ganz grundlegenden Fähigkeiten kann man noch ergänzen, indem man sich Bücher besorgt, in denen gut erklärt wird, wie man dies oder das selbst macht, welches Werkzeug wie benutzt gehört und worauf man bei verschiedenen Tätigkeiten achten sollte. Aber ein paar Bücher mit schönen Geschichten sind sicherlich ebenfalls eine gute Vorbereitung.
Sicherlich müssen wir damit rechnen, dass es erhebliche Veränderungen gibt, aber Essen, Trinken, Schlafen, Körperpflege, das wird in jedem Fall wichtig bleiben. Vermutlich werden viele Berufe wegfallen, die nicht diesen Grundbedürfnissen dienen. Es könnten auch ein paar wegfallen, für die kein Bedarf mehr ist, wenn die meisten viel ärmer sein werden. Hoffentlich gehen dann die nötigen Fähigkeiten und das Wissen nicht auch verloren.
Die Umstellung wird sicherlich nicht einfach, aber solange man das Gefühl hat an etwas Vernünftigem und Lebenswertem mitzuwirken, lässt sich viel ertragen. Wichtig ist, dass man nicht den Mut verliert, sich gegenseitig unterstützt und sich immer wieder fragt, ob das, was man tut mit den Zielen zusammen passt. Das wird manches Streitgespräch geben. Aber wenn im Grunde Einigkeit besteht, wo man hin will, dann können verschiedene ruhig verschiedene Wege dorthin ausprobieren und gehen.
Vielleicht könnte vorläufig das alte Motto taugen:
„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“.
 
Die Walnüsse (im Bild) in ihrer Schale symbolisieren sehr schön, dass Werden und Vergehen zusammen gehören. Die grüne Schale muss vergehen, die Nuss frei geben und diese kann dann erst zu einem neuen Walnussbaum heranwachsen, wenn das geschehen ist. Ob das geschieht ist sozusagen der kritische Moment im Walnussbaumleben. Und weil es nicht immer gelingt, ist die Natur großzügig mit ihren Nüssen. So haben Eichhorn und Mensch auch etwas davon, obwohl der eigentliche Zweck nur die Fortpflanzung oder Arterhaltung ist.
 
Carl-Josef Kutzbach
Donnerstag, 20. Oktober 2011
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